Anti-Nazi-Filme

Szene aus Fritz Langs Film „Auch Henker sterben“.

„Auch Henker sterben“ (Hangmen also die) heißt ein Spielfilm, den Fritz Lang 1943 in Hollywood verwirklichte. Für das Drehbuch zeichnete er gemeinsam mit Bert Brecht und John Wexley verantwortlich. Hanns Eisler komponierte die Filmmusik. Der Filmregisseur, der Dramatiker und der Musiker und Komponist hatten Nazi-Deutschland gezwungenermaßen verlassen und ihr Heil außerhalb des politischen Einflussbereiches der Hitler & Co in der Phalanx der Traumfabrik gegen Nazi-Deutschland gesucht. Der reißerisch inszenierte Film gehörte in das Programm der Anti-Nazi-Filme. 1944 wurden Hanns Eisler und Jack Whitney (Ton) für den Oscar nominiert.

Premiere in Deutschland feierte der Film am 3. April 1958, dreizehn Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs, der vom NS-Regime 1939 angezettelt worden war.

Vor gut vierzig Jahren, am 21. Januar 1977 schrieb der Filmkritiker der ZEIT, Hans C. Blumenberg, über sieben Anti-Nazi-Filme, die damals erstmal in Westdeutschland zu sehen warn: „Am 28. April 1939 erklärte Hollywood dem Deutschland Adolf Hitlers den Krieg. Die erste Schlacht fand im New Yorker „Strand“-Kino statt, in dem an diesem Tag der Film „Confessions of a Nazi Spy“ uraufgeführt wurde. Im reißerisch-rasanten Stil eines Gangsterfilms behandelte er die verfassungsfeindlichen Aktivitäten deutschamerikanischer Nazi-Bünde in den USA und deckte mit einer geschickten Mischung aus melodramatischer Fiktion und authentischem Dokumentarmaterial die subversiven Anstrengungen von Agitatoren, Agenten und Saboteuren’ auf.Die amerikanische Öffentlichkeit sah sich unversehens aufgeschreckt durch Bilder von geheimen Gestapo-Aktionen in New York, von bierseligen Manifestationen teutonischen Größenwahns, der, von Goebbels selber gesteuert, Amerika zu unterjochen trachtete.

Die deutsche Botschaft in Washington, die schon während der Dreharbeiten durch ihren Konsul in Los Angeles versucht hatte, das Projekt stoppen zu lassen, reagierte mit einem scharfen Protest. Inoffiziell wurde mit Sanktionen gegen amerikanische Filmfirmen in Deutschland gedroht. Fritz Kuhn, der Führer der „German-American Bunds“, kündigte eine Fünf-Millionen-Dollar-Klage gegen die Produktionsfirma Warner Brothers an und erklärte, er und seine Getreuen seien loyale Amerikaner. Selbst die amerikanische Presse fand keineswegs nur Gefallen an „Confessions of a Nazi Spy“. Die „New York Times“ zum Beispiel lobte zwar den Mut der Warner Brothers, kreidete ihnen jedoch zugleich an, ihre Sensationslust habe sie zu „kindischen Extremen“ geführt. An den Kinokassen entwickelten sich die umstrittenen „Confessions“ rasch zu einem beachtlichen Erfolg, aber angesichts der rabiaten Polemik um den Film wagte es 1939 kein anderes großes Hollywood-Studio mehr, der Propagandaoffensive der drei Brüder Warner zu folgen. Nach der Kriegserklärung kam eine Periode des Schweigens, und so konnte die „New York Times“ im Juni 1940 mahnend fragen: „Wo war Hollywood, als in Deutschland die Lichter ausgingen?“

Zur gleichen Zeit freilich, als in Washington noch die Fraktionen der Isolationisten und der Internationalisten um Amerikas Haltung zum Krieg in Europa rangen, als jene Politiker, die die amerikanische Neutralität um fast jeden Preis bewahren wollten, noch erheblichen Einfluß besaßen, holte Hollywood bereits zum zweiten Schlag aus. Alfred Hitchcock schickte 1940 seinen „Foreign Correspondent“ (deutscher Titel: „Mord“) in das vom Faschismus bedrohte Europa, Charles Chaplin verhöhnte im selben Jahr in einer brillanten Satire den „Großen Diktator“, Frank Borzage beschrieb den „tödlichen Sturm“ („The Mortal Storm“), der eine jüdische deutsche Professorenfamilie auseinanderriß. Insgesamt kam 1940, ein Jahr vor Amerikas Kriegseintritt nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbour am 7. Dezember 1941, ein Dutzend eindeutig antinationalsozialistischer Spielfilme heraus. Fast alle wichtigen Männer in Hollywood waren Internationalisten, arbeiteten darauf, hin, daß sich Roosevelt im europäischen Krieg engagiere.

Diese seltene Eintracht hatte wesentlich damit zu tun, daß von Louis B. Mayer (MGM) über Harry Cohn (Columbia) bis zu den Warner Brothers die meisten Hollywood-Bosse Juden waren und insofern besonders empfindlich auf Hitlers Deutschland reagierten. Während der dreißiger Jahre hatten geschäftliche Rücksichten und der politische Druck der auf strikten Neutralismus bedachten amerikanischen Filmzensur sie zurückgehalten, jetzt drängte auch noch die einflußreiche europäische Kolonie in Hollywood auf verstärkte Propaganda. Zudem war der Krieg schlicht „bad business“ für die Filmindustrie: Wesentliche Teile des europäischen Marktes gingen durch die Feldzüge der Nazi-Truppen verloren, in England, einem der wichtigsten Geschäftspartner Hollywoods, mußten bis Ende 1941 rund 25 Prozent aller Kinos wegen des Krieges geschlossen werden.

Bis 1945 entstanden weit über zweihundert Anti-Nazi-Propagandafilme in den Ateliers von Hollywood. Nur einen winzigen Bruchteil davon, etwa Ernst Lubitschs „Sein oder Nichtsein“ oder Chaplins „Großen Diktator“, konnte man nach dem Krieg in der Bundesrepublik besichtigen. In dem Verlangen, nur ja keinen Anstoß zu erregen, unterschlugen die deutschen Verleiher bis heute ein komplettes Kapitel der deutsch-amerikanischen Filmgeschichte. Manche Filme, wie Hitdicocks „Notorious“ („Weißes Gift“) und „Casablanca“ von Michael Curtiz, kamen in den fünfziger Jahren neu geschnitten und mit verfälschenden Synchronisationen in unsere Kinos.“

 

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