Bodenständige Experimente

Gespräch mit Professor Ernst Althoff über seine Arbeit, Prägungen und Begegnungen

Ernst J. Althoff
Ernst J. Althoff

Ernst Althoff hat sie alle gekannt, die Mies van der Rohes, Eiermanns und Frei Ottos, jene Vertreter des Neuen Bauens, die in der Nachkriegszeit an Baukunst-Idealen der Moderne und Ideen des Deutschen Werkbunds anknüpften, die in der zwölfjährigen NS-Diktatur ausgeblendet waren. Schon während seines Architekturstudiums an der Krefelder Meisterschule für das gestaltende Handwerk zwischen 1944 und 1948 lernte Althoff einige von ihnen kennen. In lebendiger Erinnerung sind ihm seine Begegnung mit Professor Stefan Hirzel, damals kurze Zeit Direktor an der Meisterschule. Mit dessen Empfehlung bewarb der junge Althoff sich bei Hans Schwippert, der ihn 1950 in seine Klasse an der Düsseldorfer Kunstakademie aufnahm. Von Anfang fesselte der vielseitig orientierte Architekt ihn, prägte ihn maßgeblich und blieb ihm bis zu seinem Tod 1972 stets kenntnisreicher Gesprächspartner auf Augenhöhe. Mit Ludwig Mies van der Rohe kam es 1959 zu einem inspirierenden Treffen, Walter Gropius lernte Althoff 1965 kennen. Beide bestimmten seine Auffassung von Architektur mit. Zum Gedankenaustausch traf er bei der Konzeption der deutschen Beteiligung an der Weltausstellung Brüssel 1958 auch Henry van de Velde, Egon Eiermann – der 1956 das Verwaltungsgebäude der Krefelder Verseidag baute – und 1966 Frei Otto zusammen, dessen Zeltkonstruktion für die Montreal für Furore sorgte
Für Ernst Althoff gibt es nur wert-volles Material, einfache Formen und präzise technische Ausführung. Hand-Arbeit, direkt gekoppelt mit Kopf-Arbeit. Erst kürzlich tauchten Fotos von Möbelentwürfen auf, die Althoff für Montreal konzipierte und von Krefelder Firmen fertigen ließ. Sie sind nicht gealtert sondern taufrisch wie so manches Einzel- und Serienmöbel, das Althoff heute noch entwirft.
Freilich denkt der Mann mit den freundlichen blauen Augen unter einem zerzausten weißen Haarschopf, dem man seine 80 Jahre nicht ansieht, immer häufiger über den Zusammenhang von guter Form und Moral nach. Gibt es tatsächlich Leitlinien für eine Ästhetik des Alltags vom Pfefferstreuer bis zum Hochhaus? „Wir beschäftigen uns mit gültigen Formen für ein Wassergas, aber das Wasser ist nichts mehr wert“ gibt er zu bedenken. Und weiter: „Ironie ermöglichte mir nicht selten die nötige Distanz.“ Von abgehobenen philosophischen Gesprächen wechselte Althoff immer mühelos zurück in handwerkliche Gefilde, die er nach wie vor als Fundament seine Art des Denken und Handelns betrachtet.

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