Blinder Fleck

Relikt: Wort-Ikonen trugen eine Saison die Öffentlichkeitsarbeit der Rhurtriennale.

Die Ruhrtriennale 2020 bleibt ein blinder Fleck. Das bunte, nach Druckfarbe riechende Programmbuch blieb eine Verheißung. In den letzten coronageprägt ereignisarmen Monaten fehlte die gespannte Erwartung besonderer Kunstproduktionen aller Gattungen in Formaten, die Stadttheater nicht verwirklichen können.

Es bleibt fürs erste nur die Erinnerung an außergewöhnliche Kunst-Erlebnisse, die sich eingeprägt haben. Seit achtzehn Jahren wurden die Ferien nach dem Ruhrtriennale-Termin geplant, und Jahr für Jahr standen sieben Veranstaltungen auf unserem Programm. Zechengebäude und andere aufgelassene Arbeitsstätten mit ihren funktionslos zu surrealen Gebilden verwandelten Maschinen lockten als eindrucksvolle Kulissen von Theater- und Musikaufführungen. Das Licht der untergehenden Sonne, das entlang der wandhohen Fenster wandert. Der Geruch von Kohle und Metall. Die hallige Akustik.

Oft war es ein Genuss, manchmal eine Enttäuschung und auch zu lernen war dies und das. Grund genug, einmal weiter zurückzuschauen.

Es hat viele Versuche gegeben, das „Rußland“ weiß zu waschen, als die Arbeit ausging, die Natur in großen Zonen verwüstet war und die Menschen verzweifelten.

Als das schwarze Gold nichts mehr galt und die Malocher, die es tief unter der Erde aus dem Gestein geschlagen hatten, ihre Arbeit verloren, war die Not groß. Das Ruhrgebiet, dessen Menschen nach dem Ende des zweiten Weltkriegs mit Kohle und Stahl die Wirtschaft der jungen Bundesrepublik befeuerten und das sogenannte Wirtschaftswunder bewirkten, stand vor einem unübersehbaren Niedergang. Dann ereignete sich 1999 die IBA Emscherpark, die, im Nachhinein betrachtet, nichts geringeres war als ein zweites Wunder. Ihr Zampano, Professor Karl Ganser setzte mit Unterstützung des NRW-Landesregierung in konsequenter Entwicklungsarbeit seine Vision eines postindustriellen Potts als Kulturzentrifuge um. Im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturwandel stand neben unerlässlichen ökologischen Maßnahmen die Umnutzung von Fördertürmen, Hüttenwerken, Kohlewäschen und Gebläsehallen auf dem Programm. Um sie als eigenständige historische Bauwerke und in der vielfältigen Gesamtheit sichtbar zu machen, wurde die Idee der Ruhrtriennale als dezentralem Kulturfestival aus der Taufe gehoben. Das war 2002.

18 Jahre später ist Stefanie Carp die sechste Intendantin nach Gerard Mortier, Jürgen Flimm, Willi Decker, Heiner Goebbels und Johan Simons und Barbara Frey bleibt die verantwortungsvolle Aufgabe, die erfolgreiche Arbeit der Ruhrtriennale ab kommendem Jahr fortzusetzen. Auf dass die Kunst als Brennspiegel unserer Welt uns besser macht.

Irmgard Bernrieder

 

 

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