Jupp bleibt auf der Strecke

Beuys-Bronze
Beuys-Bronze
Jupp bleibt auf der Strecke
JOSEPH BEUYS .   Bald jährt sich der 25. Todestag (23. Januar 1986) dieses ideen- und einflussreichen Ausnahmekünstlers. Im Gedenken stellten die Kunstmuseen Krefeld soeben eine Publikation zur Werkgruppe von Joseph Beuys in Krefeld vor. Die Kunstsammlung NRW Düsseldorf richtet ihm eine große Retrospektive aus, und im Museum Schloss Moyland werden seit 5. September rund 200 ausgewählte Zeichnungen rund um des Künstlers “Energieplan” aus der umfangreichen eigenen Sammlung gezeigt. Der Rechtsstreit zwischen der Eva Beuys vertretenden VG Bild Kunst – die auch die Verlagsausgabe des aktuellen Moyland-Katalogs nicht genehmigte – und der Stiftung Schloss Moyland, verrät den weiterhin schwelenden Konflikt zwischen der Stiftung und der Witwe des Künstlers. Sie fordert Werke ihres Mannes und Archivmaterial zurück, das Museum gibt nichts heraus. Die Verstimmung zwischen Eva Beuys und der Düsseldorfer Staatskanzlei liegt wie ein Schatten über der viel beschworenen Wertschätzung Beuys’. Diese Auseinandersetzungen offenbaren, wie wenig die Intentionen des Künstlers berücksichtigt werden.
Nein, das Motiv der Keramikplatte stellt kein Gräberfeld dar, wie der Sammler Hans van der Grinten es titulierte. Es zeigt ein Naturmotiv, mit dem Joseph Beuys wie so oft in seinem Werk die Heilkräfte der Kunst beschwor. Als die Beuys-Arbeit 1996 als Dauerleihgabe in den Deutschen Bundestag gelangte, entbrannte eine heftige Diskussion über deren Authentizität. Wohl aus Rechtfertigungsgründen richtete darauf Hans van der Grinten für die Stiftung Moyland eine Ausstellung über die Entstehungsgeschichte dieser Arbeit aus. Die Begleitpublikation lässt bis heute viele Fragen offen. Antworten hat der emeritierte Architekturprofessor der Kunstakademie Düsseldorf, Ernst J. Althoff, ein Weggefährte Beuys’ aus jenen frühen Tagen, als in Düsseldorf Helmut Hentrichs Thyssenhaus in die Höhe wuchs.
Er kennt auch Eva Beuys seit damals und weiß um ihre Sorgen. Der Anwalt der Witwe, Gerhard Pfennig, hat die falsche Titulierung eines Beuys-Werks Anfang Januar 2009 in einem Interview als Beispiel für den unsachgemäßen Umgang mit den Beuys-Hinterlassenschaften auf Schloss Moyland genannt. Als Verwalter der Urheberrechte möchten Eva Beuys und ihre beiden Kinder den ständigen Kleinkrieg wegen Titeln und Zuschreibungen mit der Stiftung Moyland beenden und verlangen die Werke ihres Mannes sowie ein umfangreiches Konvolut aus dem dort angesiedelten Joseph-Beuys-Archiv zurück. Im Namen des Vorstandes der Stiftung Museum Schloss Moyland wies Peter Landmann, der Leiter der Kulturabteilung in der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, im Vorjahr alle Forderungen von Eva Beuys zurück.
Die Landesregierung NRW stellte sich damit auch hinter die Sammlerfamilie van der Grinten, die noch 2008 mit scharfem Geschütz Richtung Düsseldorf geschossen hatte, als die Besetzung des mehrere Jahre verwaisten Direktoriumspostens auf Schloss Moyland sich immer weiter verzögerte. Dieses An-Institut der Kunstakademie Düsseldorf hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, Beuys-Forschung findet dort kaum statt, ganz zu schweigen von Bemühungen, den Künstler und seine Theorien endlich auch  einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Dass die Witwe selbst mit der Verwaltung des Beuys-Erbes zeitweise überfordert war, lässt ein Beispiel erahnen: 1988 forderte sie die Vernichtung von Bronzegüssen, weil ihr Mann deren Entstehung nicht zugestimmt habe. Dabei hatte Beuys selbst im Jahr 1972 solche Bronzen herstellen lassen. Die Geschichte jener umstrittenen Reliefs zeigt, wie wenig von Beuys Arbeitsweise tatsächlich bekannt ist: Zum Mittagessen, so erinnert sich Ernst Althoff, versammelten sich in der nach Entwürfen von Walter Köngeter errichteten, heute abgerissenen Gaststätte der Brauerei Schlösser Lehrer und Studenten der Kunstakademie, Architekten und Handwerker an einem Stammtisch. Joseph Beuys gehörte ebenso zu dieser Runde wie der Student Althoff und der Ofensetzer Wetzel. Auch der Grafiker Erich John, der an der damaligen Werkkunstschule Krefeld lehrte, kannte und schätzte Joseph Beuys. Er legte beim Architekten Konstanty Gutschow, der Anfang der 1950er-Jahre mit dem Bau des Klinikums Düsseldorf betraut war, ein gutes Wort für Beuys ein, sodass dieser ihn mit der künstlerischen Ausgestaltung des Neubaus beauftragte. Ofensetzer Wetzel brachte Beuys auf die Idee, Reliefs aus glasiertem Ton zu verwenden, die in seiner Werkstatt an der Münsterstraße gefertigt wurden. Das ganze Vorhaben wurde aber letztlich nach umfangreichen Vorarbeiten Beuys’ abgebrochen, weil Gutschow die Keramikreliefs missfielen. Übrig blieben Teile dieser Beuys-Arbeit, in unterschiedlichem Zustand in alle Winde verstreut.
Beuys hatte offenbar auf zwei Motive zurückgegriffen, 1949/50 in Buchsbaumholz geschnitten, als er Meisterschüler bei Ewald Mataré war: „Seestimmung“ und „Wasserfall“. Sie maßen ursprünglich 34,3 mal 34,3 Zentimeter. Für die Kunst am Bau im Klinikum modellierte Beuys diese Motive in mehr als doppelter Größe in Ton. Davon wurden Negativformen und daraus Positivformen hergestellt. Wie das Werkverzeichnis nahelegt, hat Beuys 1952 die Holzarbeit „Wasserfall“ mit Wachs und Ton überformt und der neuen Arbeit den Titel „Bienenkönigin 1“ gegeben.
Beuys selbst schenkte John zum Dank für die Vermittlung eine Gipsplatte mit dem Wasserfall-Motiv, das sich, wie ein Foto dokumentiert, 1990 in Johns Besitz befand. Eine unglasierte Tonplatte dieses Reliefs liegt im Museum Moyland. In glasierter Form besaß sie der Architekt Walter Köngeter, der viel mit Wetzel zusammenarbeitete. Das Motiv „Seestimmung“ wurde als Gipsplatte mithilfe des Landes 2002 für die Stiftung Moyland erworben. Hans van der Grinten schrieb 1998 an die Staatskanzlei in Düsseldorf: „Für den Skulpturenbestand früher Werke von Joseph Beuys in der Stiftung Schloss Moyland ist diese Arbeit von exzeptionellem Rang … Die Präsentation aller vier Reliefs in einem Raum des Schlosses wird einmalig und unwiederholbar sein, wenn es gelingt, das beschriebene Relief zu erwerben.“ Ein Brief Eva Beuys’ belegt, dass sich damit ein Herzenswunsch von ihr erfüllte. Sie wurde enttäuscht, denn die Arbeit war auf Schloss Moyland seither nicht zu sehen.
Die glasierte Tonplatte mit diesem Motiv ist in die Hausmauer des Anwesens eines bekannten Düsseldorfer Architekten eingelassen. Man darf annehmen, dass die van der Grintens die restlichen Platten aus der Werkstatt holten und nach Moyland brachten, als Wetzel sich zur Ruhe setzte. Doch damit nicht genug. 1972 wurden Bronzeabgüsse des Motivs „Seestimmung“ hergestellt, und Beuys ließ einen von der Düsseldorfer Galerie Schmela verkaufen. Auch das Motiv „Wasserfall“ existiert als Bronzeabguss. Es soll einer Schwester Eva Beuys’ gehören und wurde 1991 im Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld gezeigt. Weitere Bronzegüsse befinden sich in Privatbesitz. Eva Beuys bekundete in Briefen an Althoff ihr Interesse an diesem Werkkomplex ihres Mannes. Freilich, so gibt dieser zu bedenken, werde aus zwei völlig entgegengesetzten Gutachten Hans van der Grintens über jene Gipse und Tonplatten vor allem eines deutlich: Man taktiere um des eigenen Vorteils willen auf höchstem Niveau und lasse völlig außer Acht, dass Beuys dabei auf der Strecke bleibe.

JOSEPH BEUYS .   Bald jährt sich der 25. Todestag (23. Januar 1986) dieses ideen- und einflussreichen Ausnahmekünstlers. Im Gedenken stellten die Kunstmuseen Krefeld soeben eine Publikation zur Werkgruppe von Joseph Beuys in Krefeld vor. Die Kunstsammlung NRW Düsseldorf richtet ihm ab 11. September eine große Retrospektive aus, und im Museum Schloss Moyland werden ab 5. September rund 200 ausgewählte Zeichnungen rund um des Künstlers “Energieplan” aus der umfangreichen eigenen Sammlung zu sehen sein. Dass die VG Bild Kunst die Verlagsausgabe des Moyland-Katalogs nicht genehmigte, verrät den weiterhin schwelenden Konflikt zwischen der Stiftung und Eva Beuys. Sie fordert Werke ihres Mannes und Archivmaterial zurück, das Museum gibt nichts heraus. Auch die Verstimmung zwischen Eva Beuys und der Düsseldorfer Staatskanzlei liegt wie ein Schatten über der viel beschworenen Wertschätzung Beuys’. Der skurrile Streit zeigt, wie wenig über die Arbeitsweise des Künstlers bekannt ist.

Nein, das Motiv der Keramikplatte stellt kein Gräberfeld dar, wie der Sammler Hans van der Grinten es titulierte. Es zeigt ein Naturmotiv, mit dem Joseph Beuys wie so oft in seinem Werk die Heilkräfte der Kunst beschwor. Als die Beuys-Arbeit 1996 als Dauerleihgabe in den Deutschen Bundestag gelangte, entbrannte eine heftige Diskussion über deren Authentizität. Wohl aus Rechtfertigungsgründen richtete darauf Hans van der Grinten für die Stiftung Moyland eine Ausstellung über die Entstehungsgeschichte dieser Arbeit aus. Die Begleitpublikation lässt bis heute viele Fragen offen. Antworten hat der emeritierte Architekturprofessor der Kunstakademie Düsseldorf, Ernst J. Althoff, ein Weggefährte Beuys’ aus jenen frühen Tagen, als in Düsseldorf Helmut Hentrichs Thyssenhaus in die Höhe wuchs.

Er kennt auch Eva Beuys seit damals und weiß um ihre Sorgen. Der Anwalt der Witwe, Gerhard Pfennig, hat die falsche Titulierung eines Beuys-Werks Anfang Januar 2009 in einem Interview als Beispiel für den unsachgemäßen Umgang mit den Beuys-Hinterlassenschaften auf Schloss Moyland genannt. Als Verwalter der Urheberrechte möchten Eva Beuys und ihre beiden Kinder den ständigen Kleinkrieg wegen Titeln und Zuschreibungen mit der Stiftung Moyland beenden und verlangen die Werke ihres Mannes sowie ein umfangreiches Konvolut aus dem dort angesiedelten Joseph-Beuys-Archiv zurück. Im Namen des Vorstandes der Stiftung Museum Schloss Moyland wies Peter Landmann, der Leiter der Kulturabteilung in der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, im Vorjahr alle Forderungen von Eva Beuys zurück.

Die Landesregierung NRW stellte sich damit auch hinter die Sammlerfamilie van der Grinten, die noch 2008 mit scharfem Geschütz Richtung Düsseldorf geschossen hatte, als die Besetzung des mehrere Jahre verwaisten Direktoriumspostens auf Schloss Moyland sich immer weiter verzögerte. Dieses An-Institut der Kunstakademie Düsseldorf hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, Beuys-Forschung findet dort kaum statt, ganz zu schweigen von Bemühungen, den Künstler und seine Theorien endlich auch  einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Dass die Witwe selbst mit der Verwaltung des Beuys-Erbes zeitweise überfordert war, lässt ein Beispiel erahnen: 1988 forderte sie die Vernichtung von Bronzegüssen, weil ihr Mann deren Entstehung nicht zugestimmt habe. Dabei hatte Beuys selbst im Jahr 1972 solche Bronzen herstellen lassen. Die Geschichte jener umstrittenen Reliefs zeigt, wie wenig von Beuys Arbeitsweise tatsächlich bekannt ist: Zum Mittagessen, so erinnert sich Ernst Althoff, versammelten sich in der nach Entwürfen von Walter Köngeter errichteten, heute abgerissenen Gaststätte der Brauerei Schlösser Lehrer und Studenten der Kunstakademie, Architekten und Handwerker an einem Stammtisch. Joseph Beuys gehörte ebenso zu dieser Runde wie der Student Althoff und der Ofensetzer Wetzel. Auch der Grafiker Erich John, der an der damaligen Werkkunstschule Krefeld lehrte, kannte und schätzte Joseph Beuys. Er legte beim Architekten Konstanty Gutschow, der Anfang der 1950er-Jahre mit dem Bau des Klinikums Düsseldorf betraut war, ein gutes Wort für Beuys ein, sodass dieser ihn mit der künstlerischen Ausgestaltung des Neubaus beauftragte. Ofensetzer Wetzel brachte Beuys auf die Idee, Reliefs aus glasiertem Ton zu verwenden, die in seiner Werkstatt an der Münsterstraße gefertigt wurden. Das ganze Vorhaben wurde aber letztlich nach umfangreichen Vorarbeiten Beuys’ abgebrochen, weil Gutschow die Keramikreliefs missfielen. Übrig blieben Teile dieser Beuys-Arbeit, in unterschiedlichem Zustand in alle Winde verstreut.

Beuys hatte offenbar auf zwei Motive zurückgegriffen, 1949/50 in Buchsbaumholz geschnitten, als er Meisterschüler bei Ewald Mataré war: „Seestimmung“ und „Wasserfall“. Sie maßen ursprünglich 34,3 mal 34,3 Zentimeter. Für die Kunst am Bau im Klinikum modellierte Beuys diese Motive in mehr als doppelter Größe in Ton. Davon wurden Negativformen und daraus Positivformen hergestellt. Wie das Werkverzeichnis nahelegt, hat Beuys 1952 die Holzarbeit „Wasserfall“ mit Wachs und Ton überformt und der neuen Arbeit den Titel „Bienenkönigin 1“ gegeben.

Beuys selbst schenkte John zum Dank für die Vermittlung eine Gipsplatte mit dem Wasserfall-Motiv, das sich, wie ein Foto dokumentiert, 1990 in Johns Besitz befand. Eine unglasierte Tonplatte dieses Reliefs liegt im Museum Moyland. In glasierter Form besaß sie der Architekt Walter Köngeter, der viel mit Wetzel zusammenarbeitete. Das Motiv „Seestimmung“ wurde als Gipsplatte mithilfe des Landes 2002 für die Stiftung Moyland erworben. Hans van der Grinten schrieb 1998 an die Staatskanzlei in Düsseldorf: „Für den Skulpturenbestand früher Werke von Joseph Beuys in der Stiftung Schloss Moyland ist diese Arbeit von exzeptionellem Rang … Die Präsentation aller vier Reliefs in einem Raum des Schlosses wird einmalig und unwiederholbar sein, wenn es gelingt, das beschriebene Relief zu erwerben.“ Ein Brief Eva Beuys’ belegt, dass sich damit ein Herzenswunsch von ihr erfüllte. Sie wurde enttäuscht, denn die Arbeit war auf Schloss Moyland seither nicht zu sehen.

Die glasierte Tonplatte mit diesem Motiv ist in die Hausmauer des Anwesens eines bekannten Düsseldorfer Architekten eingelassen. Man darf annehmen, dass die van der Grintens die restlichen Platten aus der Werkstatt holten und nach Moyland brachten, als Wetzel sich zur Ruhe setzte. Doch damit nicht genug. 1972 wurden Bronzeabgüsse des Motivs „Seestimmung“ hergestellt, und Beuys ließ einen von der Düsseldorfer Galerie Schmela verkaufen. Auch das Motiv „Wasserfall“ existiert als Bronzeabguss. Es soll einer Schwester Eva Beuys’ gehören und wurde 1991 im Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld gezeigt. Weitere Bronzegüsse befinden sich in Privatbesitz. Eva Beuys bekundete in Briefen an Althoff ihr Interesse an diesem Werkkomplex ihres Mannes. Freilich, so gibt dieser zu bedenken, werde aus zwei völlig entgegengesetzten Gutachten Hans van der Grintens über jene Gipse und Tonplatten vor allem eines deutlich: Man taktiere um des eigenen Vorteils willen auf höchstem Niveau und lasse völlig außer Acht, dass Beuys dabei auf der Strecke bleibe.

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