Die Gartenmauer, aufgemauert aus dunkelroten Ziegeln, grenzt den eigenen gegen den Bereich des Nachbarn ab. Sie ist hoch genug, dass keiner hereinschauen kann ins eigene Gartenreich, aber wir auch nicht hinüber linsen können, was denn da so kreucht und fleucht und blüht und gedeiht. Man ruft sich ‚mal einen Gruß zu, wenn man hört, dass der Nachbar sich zu schaffen macht im Schuppen, die Leiter an den Baum legt, Pflaumen pflückt. Mehr nicht. Die Mauer selbst ist gesprächig: Wenn ich mich gegen sie lehne, die Wärme der Sonne noch spüre, die schon hinterm Dach versunken ist. Diese uralten Ziegel stammen aus der Zeit der Tabakfabrikation, die hier in den 1930er Jahren beheimatet war. Halbmechanische Fertigung damals in der „schlechten Zeit“, als auf den Feldern ringsum Tabakpflanzen angebaut wurden. Die Frauen verrichteten die kniffelige Handarbeit, die Blätter zu rollen und in die Holzformen einzupassen.
Abgerissen wurde der Fabriktrakt des Vierkanthofes, die Ziegel wiederverwendet. Harte Ziegel, warme Ziegel, die einen undefinierbaren Geruch verströmen nach Russ, Mörtel, Holz, nassem Sand . . kondensierte Zeit. Das verdorrte Tomatenkraut, die Thymian- und Rosmarinbüsche, vermischt mit dem Duft der aufgeplatzten Pflaumen, die für die Vögel auf dem Baum gelassen wurden: schwer-süßer Herbst.