„Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann“

In seinem Atelier. Franic Picabia

Francis Picabia bediente sich im Kaleidoskop der Stile und weichte dogmatische Versteifung durch ironische Reflexe auf

Seit Beginn der Postmoderne ist die zeitgenössische Kunst  Nachkomme seiner subversiven Gedanken, die von einer durchdringenden Ironie bestimmt wurden. So lautete die Grundthese der ersten österreichischen Retrospektive zu ehren Francis Picabias  in der Kunsthalle Krems im Vorjahr. In der Tat  sollte Picabias häufiger Stilwechsel einmal nicht als Schwäche verstanden werden, sondern als bewusst verweigerte Festlegung und Ablehnung individualistischer Handschrift.. Der Erneuerer, Provokateur, Anreger, Lebemann, Querdenker und Grenzgänger ließ sich nicht von Ideologien vereinnahmen, sondern wandte Moden, die sich ins Orthodoxe versteiften, den Rücken zu. Aus Lust, seinen Gedankenreichtum auszuleben, entwickelte er seine künstlerische Arbeit als fortwährendes Experiment.

Satie, Picabia, Biorlin und Clair bei den Dreharbeiten zu „L’Entr‘ acte“

In Barbizon fing Picabia an, interessierte sich aber auch für den Symbolismus ehe er sich der Moderne und ihren Auffassungen von Licht und Farbe zuwandte. In vielen seiner Arbeiten changieren verschiedene Stile, treten mehr oder weniger deutlich zu Tage, ohne eine künstlerische Handschrift zuzulassen. Unverwechselbarkeit erschien ihm als Stagnation. So kehrte er zunächst zu den Fauves zurück, um etwas später mit kubistischen Versuchen einer der Künstler an der Wiege der abstrakten Malerei zu stehen. Mit einem Hackenschlag wendete er sich daraufhin den sogenannten Maschinenbildern (Mechanomorphien) zu, die jene Begeisterung 1920er Jahre für die Mechanisierung der Alltagswelt widerspiegelten. Picabia transformierte sie auf konzeptuelle Weise mit surrealer Entfremdung  und Sprachwitz zu eigenwilligen Porträts. Mit Gründung der Zeitschrift „391“ wurde er zu einem zentralen Wegbereiter des Dadaismus in Europa, entzog sich indes auch dieser Strömung bald. Mitte der 1920er Jahre folgten seine „Transparenzen“ – Überlagerungen von mehreren Motiven, die eine räumliche Darstellung ohne Perspektive suggerierten – in denen er  Zitate über die  Malerei von Pompeji, romanische Fresken, Botticelli oder Michelangelo verwandte.  Von den späten 1930er Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs widmete sich Picabia einer hyperfotorealistischen Malerei, die er aus Trivialmagazinen schöpfte, nachmalte und paraphrasierte. Im Mittelpunkt. Der weibliche Akt. Sein letzter stilistischer Schwenk vollzog sich nach 1945 eingedenk der Kriegsgräuel: Er befasste sich mit der abtrakten e Malerei im Umfeld der Nouvelle École de Paris.

Titelbild von Picabias Daa-Zeitschrift „391“

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