Pina Bauschs Stück „Nelken“ (1982) beißt nach wie vor, aber auf eine erstaunlich andere Weise als in den 1980er Jahren. Wenn minutenlang nichts geschieht auf der Bühne, Stühle herein- und hinausgetragen werden, Tänzer unsicheren Schritts durch die Nelkenwiese staksen, die Bühne hinuntersteigen und den Saal durch die Seitentür verlassen, ist das kein Affront mehr wie annopiependeckel, als Handke noch das Publikum beschimpfte. Wenn es aber um Geschlechterrollen geht, um gesellschaftlich verbredeten Ordnungen, dann könnte dieses Stück den Teenies von heute auf die Sprünge helfen, ein Problembewusstein entfachen, das weitgehend verschwunden zu sein scheint. Tänzer, die in Frauenkleidern stecken, die ihnen zu klein und deshalb nicht zu schließen sind, wirken lächerlich. Wenn es um Ausgrenzung geht, um Zurückweisung und Demütigung, haben die alten Szenen an Schärfe gewonnen. Getanzt wird kaum, eher geturnt und angedeutet, was das klassische Ballett einst den TänzerInnenkörpern antat. Grotesk-komische Szenen umkreisen schonungslos den aufrechten Gang. Der Soundtrack so vertraut . . .