ANDRÉ SCHWEERS und seine Archive des Vergänglichen
Aus der Spannung zwischen der Körperlichkeit seiner Objekte und imaginierten, darin eingeschriebenen, verschwindenden malerischen Spuren lebt das Werk des studierten Bildhauers André Schweers. Aus Altpapier macht dieser Künstler, indem er es häckselt und wässert, einen Papierbrei, den er in Gußformen füllt. In Wachs taucht er seine abstrakte Malerei, konserviert und abgeschlossen, bleibt sie unberührbar. Des Künstlers Spiel mit den Objekten geht so: Er schafft Situationen, wie Archäologen oder andere Forscher sie vorfinden: Hohlräume abgelebten Lebens, dem er wieder zu Gestalt verhilft. Fragil und durchscheinend wie Schatten führen seine „Blätter“ ein Geisterdasein und sind zugleich ungemein sinnlich in ihrer Materialität. Hermetische Papierblöcke verschließen ihr Geheimnis in sich. In die vielförmigen Oberflächen dieser transformierten Informationsträger, mit alten Pigmenten eingefärbt oder patiniert, ritzt der Künstler seine abstrakten Botschaften, die doch immer das Gleiche meinen: Achtsamkeit vor dem Vergangenen, Bewahrung des großen Gedächtnisses. Schweers fantasiert sich in untergegangene Welten, sein Blick speichert nie Gesehenes, das seine Hände zu übersetzen trachten. Der Archivist Schweers kann seine Eindrücke aus kapadokischen Wohnhöhlen und Taubentürme der Vendée nicht abtun, und sie werden ihm zum unerschöpflich wandelbaren Reservoir seiner künstlerischen Arbeit. Werkgruppen wie „Leporello“, aber auch Serien wie „Bibliotheca conservata“ haben sich uns eingeprägt. Neuerdings dominieren Bruchstrukturen des Künstlers Kompositionen, Formen, die sich ineinander schieben wie altes Gletschereis, in dem sich Miniaturlandschaften spiegeln. In den Spuren des Verfalls teilt sich die Zeit den Dingen mit.