Schnell habe ich mich wieder verwickeln lassen in Helke Sanders filmische Bestandsaufnahme ihrer fragmentierten, schmuddeligen, so originellen wie verrückten, experimentellen Berliner Welt anno 1977, die versunken ist für immer. In ihrem Essayfilm ist die Figur Edda Chiemnyjewski, gespielt von der Regisseurin selbst, eine freischaffende Pressefotografin, die ihre kleine Tochter und sich kaum über die Runden zu bringen weiß. Wir schauen ihr beim Fotografieren zu, beim Warten, beim „Verewigen“ historischer Momente und bei Festivitäten. Und bei der Arbeit in der Dunkelkammer, wo ganz beiläufig Mediengeschichte erzählt wird. Den Alltag in einer zerrissenen Stadt bringen uns ihre Schwarzweiß-Fotografien nahe: Im Augenblick da der Auslöser klickt, wird das verborgene Leben sichtbar, das sie sucht in Gesprächen mit den Menschen, obwohl ihre Zeit dafür nicht reicht. Wie ein kleines Kind, das in der Fülle der Eindrücke nicht weiß, was es zuerst anschauen möchte, überlässt die Regisseurin dem Zuschauer die Auswahl in langen Kamerafahrten entlang vermeintlich monotoner Fassaden, Auslagen, der Mauer mit ihren Inschriften. Der Filmtitel „Die allseits reduzierte Persönlichkeit. Redupers“ parodiert die damals beliebte Floskel des DDR-Rundfunks von der „allseitig verwirklichten sozialistischen Persönlichkeit”. Skizziert wird eine junge Frau, hin- und hergerissen zwischen den Anforderungen ihres Berufs und verschiedenen anderen gesellschaftlichen Rollen als Mutter, Tochter Freundin, Kämpferin für Frauenrechte. Sie kämpft hart, aber es gibt keine martialischen Gesten, es wird nicht skandiert, nur leise gefragt: Und wo bleibe ich? Was gibt es außerhalb des Alltagsgespinsts? Selbstironmisch und radikal ehrlich zu sich und ihren Mitstreiterinnen und allen, die ihr etwas weismachen wollen, macht Edda einfach weiter und schmunzelt und hofft. Die Kraft poetischer Bilder und treffender Sprache
Und 42 Jahre später, quasi in historischer Distanz zu den Anfängen der feministischen Bewegung ? Gut, Frauen werden an Kunstakademien nicht mehr als „Begleiterinnen“ eingestuft, vierzig Prozent der Filme im aktuellen Berlinale-Programm stammen von Regisseurinnen, aber bis zur tatsächlichen Gleichberechtigung ist noch vieles zu tun.