Auf den hohen Wänden, in den weiten Sälen des Münchener Hauses der Kunst verschmelzen die Zigtausend Arbeiten der Hanne Darboven zu einer einzigen schier endlosen Oberfläche. Man muss das ganze Ausmaß ihrer Chronistinnenarbeit ausgebreitet sehen, um das Aroma der Melancholie wahrzunehmen, das sie verströmt: Darbovens Konzept, Zeit zu fassen, ist ja von vornherein zum Scheitern verurteilt. Je mehr Blätter wir mit einem Blick erfassen, umso deutlicher tritt ihr unermüdliches, diszipliniertes Schaffen hervor. Die heitere Lakonie ihrer Lebensarbeit, deren Ironie und kritische Strenge tun sich beim Herantreten an die Bildwände auf, wie auch deren Poesie sich im Nebeneinander von Geschichte und trivialem Alltag zu erkennen gibt.
Je mehr der Blick sich auf Darbovens Zeichen der Zeit einlässt, umso stärker überkommt den Betrachter die Maßlosigkeit ihrer selbstgestellten Aufgabe. Mögen es Schriftschlaufen sein, die weiße Blätter überziehen wie kleine Zeitwellen, oder Collagen zur politischen Geschichte der BRD oder der internationalen Pop-Kultur, immer legt die Künstlerin ihren Finger in die Wunde der Vergeblichkeit allen Menschenwerks.